Bericht (Jochen Werner, AZ)
Förster: Wald wird künftig nicht mehr so hoch werden
Veranstaltung zu Folgen des Klimawandels im Lennebergwald: Totholz kann sich auch negativ auswirken / Warnung vor Brandgefahr
MAINZ. Der Klimawandel ist längst angekommen, es wird heißer und immer trockener. Die Bäume sind im Stress. Gerade einmal zehn Millimeter Niederschlag fielen in der Region um Mainz im kompletten Juli dieses Jahres. „Wer mit offenen Augen durch den Wald geht, erkennt das katastrophale Dürrejahr“, so Försterin Theresia Euler am Sonntag im Lennebergwald. Mehr als 70 Interessierte waren dem Aufruf von Scientists for Future gefolgt, um sich die unmittelbaren Folgen der Klimakrise vor Ort anzuschauen. Doris Vollmer stellte die Situation dar, wie wir sie kennen, wie sie vielleicht aber nicht mehr lange Bestand hat. „Der Wald war einfach immer da. Als Kind hätte ich mir nicht vorstellen können, dass sich das einmal ändern könnte“, schilderte die Physikerin. Dabei ist der Wald tatsächlich ein sensibles Gut, das unbedingt geschützt werden muss. Allein im vergangenen Jahr gab es in Deutschland Vollmer zufolge fast 550 Waldbrände, davon nur gut ein Prozent nach Blitzeinschlägen. Die allermeisten entstanden durch Unachtsamkeit der Menschen. Eine verstärkte Sensibilisierung ist also notwendiger, denn je. „Wir können etwas tun. Wir müssen vorsichtiger sein!“, forderte Vollmer. Nicht nur das Grillen, auch das Rauchen im Wald müsste, ähnlich wie in Südfrankreich, im Sommer verboten sein. Das Löschen eines Waldbrandes ist immer problematisch. Bei niedriger Luftfeuchtigkeit verdunstet das Wasser schnell. Gibt man Verdicker hinzu, verlangsamt sich die Verdunstung. Allerdings: Der sich auf dem Boden bildende Ruß ist wasserabweisend, deshalb dringt nur wenig Wasser tatsächlich in den Boden. Das wiederum bedeutet, dass sich nach Bränden an Hängen leicht Schlammlawinen bilden können. Mehrere Ambivalenzen verdeutlichen die Problematik. Zwei Beispiele: Totholz ist positiv für die Artenvielfalt und langfristig wichtig, weil es sich zu Humus zersetzt und damit die Wasserspeicherfähigkeit des Waldbodens erhöht. Allerdings entzündet es sich kurzfristig gesehen sehr leicht und brennt wie Zunder. Ein Ring aus Schaum rund um Brandflächen kann das Feuer stoppen, ist aber als Seifenlösung gefährlich für den Boden, für Bäche, Flüsse und Seen und die Lebewesen darin. „Die Situation ist dramatisch, auch im Landesvergleich.“ Revierförster Stefan Dorschel wies auf das Problem der trockenen, sandigen Böden im Lennebergwald hin. Der Forst steht vor der Frage, mit welchen Baumarten in Zukunft gearbeitet werden kann. Fichte, Buche und Kiefer sind drei der großen Verlierer des Klimawandels. Dazu gibt es Flächen, auf denen sich der Wald Richtung Grassteppe entwickelt. „Er wird sich verändern, nicht mehr so hoch werden wie früher“, sagte Dorschel vorausblickend. Die Bäume haben nicht mehr genug Wasser, um dieses in größere Höhen transportieren zu können. Durch die Trockenheit im Sommer 2022 ergeben sich Horrorszenarien. Dorschel wage es nicht, sich vorzustellen: „wenn es brennt und die A 643 wegen des Rauchs gesperrt werden müsste.“ Zwar sei nicht zu befürchten, dass der Wald großflächig abstirbt. Verändern wird er sich aber, auch direkt vor der Haustür. Nur eines darf aktuell nicht passieren. „Rauchen wäre hier eine absolute Katastrophe“, bestätigte Dorschel die Vorrednerin. Der Schutz des Waldes war noch nie so wichtig. „Er muss unser aller Anliegen sein.“ Vollmer freute sich, dass dies zumindest bei den Teilnehmern der Veranstaltung aus allen Generationen angekommen ist. Die sollen jetzt Multiplikatoren werden.
Radtour mit Waldführung am 14.08.2022
Bäume im Klimastress: Der Klimawandel hinterlässt auch in Mainz seine Spuren. Spätestens seit den Trockenjahren 2015, 2018, 2019 und 2020 und ihren dramatischen Auswirkungen auf den Waldbestand ist klar: Der Klimawandel ist in Mainz und Rheinhessen längst angekommen und deutlich spürbar!
Die kommende Klimakatastrophe wird einen großen Lebenswandel bedingen und löst enorm viel Angst aus. Dieser Angst wollen wir, die Scientists for Future Mainz/ Wiesbaden, mit Aufklärung begegnen und euch Chancen aufzeigen, die der Klimawandel mit sich bringen kann, – sofern wir jetzt handeln.
Besonders im Mainzer Lennebergwald, einem der wichtigsten Naherholungsgebiete dieser Region, ist die Klimakatastrophe auffallend sichtbar. Daher laden wir zu einer Radtour mit anschließender Waldführung ein. Wir treffen uns am 14.08.2022 um 14 Uhr am Ernst-Ludwig-Platz (Große Bleiche neben dem Kurfürstlichen Schloss) und radeln gemeinsam zur Vierzehn-Nothelfer-Kapelle in Gonsenheim. Dort hören wir um 15 Uhr einen Kurzvortrag zum Klimawandel von Försterin Theresia Euler und werden im Anschluss von Försterin Leonie Münzer und Revierleiter Stefan Dorschel durch den Wald geführt. Zeit für Austausch und weiteren Input ist reichlich.
Die Teilnahme ist kostenfrei und eine Anmeldung nicht erforderlich. Wir freuen uns auf dich!
Ablaufplan zur Radtour „Bäume im Klimastress“
14:00 Uhr
Treffpunkt am Ernst-Ludwig Platz in Mainz
14:45 – 15:00 Uhr
Ankommen an der Vierzehn-Nothelfer-Kapelle
15:00 – 15:20 Uhr
Einleitende Worte / Kurzvortrag zu Klimawandel & Wald von Försterin Theresia Euler
15:20 – 16:20 Uhr
Waldführung von Försterin Leonie Münzer (Landesforsten Rheinland-Pfalz) und Revierleiter Stefan Dorschel
Ab ca. 16:20 Uhr
Abschluss (gemeinsames Zurückkehren zum Startpunkt in Mainz oder individuelle Heimreise)