Chancen für Windkraft in Mainz

Veranstaltungsbericht

Windkraft ist die tragende Säule der Energiewende in Mainz. Folglich sollte Mainz, seinem eigenen „Masterplan 100 % Klimaschutz“ folgend und angesichts katastrophaler Folgen der Klimakrise, mit der Ausweisung des gesamten Windvorranggebiets aus der Offenlage des Raumordnungsplans die eigene Stromproduktion verdoppeln. Nimmt man noch die weitere Potenzialfläche dazu, die bislang unberücksichtigt ist, wäre sogar eine Verdreifachung möglich.

Nun zählt es also: Auf der gesamten Potenzialfläche wäre Platz für mindestens 10 moderne Windräder. Diese würden, Stand jetzt, mehr als die Hälfte der Mainzer:innen mit grünem, dezentralem Strom versorgen. Und diese Windräder bieten noch mehr Chancen: die Mainzer Abhängigkeit (und damit auch die deutsche) von internationalen Kriegstreibern zu verringern und stattdessen große regionale Wertschöpfung zu schaffen.

Diese Sachlage wurde in der Veranstaltung am 11.8. vorgestellt, gemeinsam mit einem breiten Unterstützungs-Bündnis diverser aktiver Klimaschutz-Gruppen. Dabei wurde der dringende Rat an die lokale Politik und Verwaltung gerichtet, die offensichtlichen Schritte zu gehen und Windkraft in dem Raumordnungsplan in maximaler Größe auszuweisen. Um eventuell vorhandene Vogelschutzkonflikte für dieses Gebiet zu überprüfen, hatte die Stadt Mainz ein Vogelzug- und Vogelrastgutachten angefordert. Laut dem Landesverband für Umweltschutz ist Vogelzug aber kein Ausschlusskriterium für Windkraftanlagen. Ohnehin wird die allgemeine Definition für einen Vogelzugkorridor (Anzahl Vögel/h) im Mittel nicht erreicht, sondern nur an einzelnen Tagen. In Bezug auf Rastvögel werden in dem Gutachten drei Teilgebiete dargestellt, die als „bedeutsam“ beschrieben werden. Leider ist nicht klar beschrieben, anhand welcher Kriterien diese festlegt wurden und warum zur Festlegung auch eine nicht-windkraftsensitive Art verwendet wird, die ja hier gar nicht betroffen wäre. Auch wenn Vögel in dem Potenzialgebiet rasten, so wurde z. B. in einer vielzitierten Arbeit (Isselbächer & Isselbächer 2001, Vogelschutz und Windenergie in Rheinland-Pfalz. Naturschutz und Landschaftspflege 2: 1–183.) für Leitvogelarten (z. B. dem Kiebitz) dieser Bereich nicht als überregional bedeutend klassifiziert. Eine klare Absage an die möglichen Windräder, wie im Gutachten gefordert, ist anhand der dargelegten Erhebung nicht nachvollziehbar. Gastredner Bertram Fleck, ehemaliger Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises unterstrich, dass er während seiner Amtszeit selbst erstaunt war, wie stark die Rotmilan-Population trotz des Ausbaus der Windenergie anwuchs. Auch die in den letzten Jahren hochbedrohte Schwarzstörche haben sich wieder im Rhein-Hunsrück-Kreis angesiedelt, obwohl sie wie der Rotmilan als windkraftsensitiv gelten.

Welche finanziellen Vorteile durch ein effizientes Energiecontrolling des Strom- und Wasserverbrauchs entstehen können wurde von Herrn Fleck am Beispiel des Rhein-Hunsrück-Kreises dargestellt. Hier wurden in 13 Jahren alleine in 12 Gebäuden der Kreisverwaltung knapp 10.000 t CO2 weniger ausgestoßen und 2 Millionen Euro Kosten eingespart. Die 279 Windkraftanlagen im Landkreis fanden dank politischer und wirtschaftlicher Teilhabe große Akzeptanz. Durch die regionale Wertschöpfung konnten vor Ort Bürger-Nahwärme-Netze entstehen, die 20 Millionen Euro Importkosten über 20 Jahren einsparten. Außerdem ermöglichte ein Solarkataster, in dem die Eignung von Dächern für Photovoltaik eingetragen ist, einen Boom an PV-Anlagen. Durch die neuen PV-Anlagen erhielten die PV-Besitzenden im Landkreis in 20 Jahren zusammen 416 Millionen Euro Einspeisevergütung. Aktionen zu korrekter Bioabfall-Trennung für eine Vergärungsanlage brachte 10.000 t Flüssigdünger und 4,5 Millionen kWh Strom. Mit bilanziell 337 % grüner Stromproduktion im Vergleich zum eigenen Strombedarf hat sich der Rhein-Hunsrück-Kreis zu einem Null-Emissionskreis entwickelt.

Windenergieanlagen sind also auch vom finanziellen Standpunkt her sinnvoll, und: Die fließenden Gelder können sogar dem Artenschutz kräftig Aufwind geben, ob Rotmilan oder Hamster. Das täte diesem gut, denn der Rückgang der Arten ist dramatisch – und die Klimakrise verschärft dies noch.

Doch „Akzeptanz fällt nicht vom Himmel“, so Bertram Fleck. Dafür sei es elementar, Veranstaltungen wie diese mit der Öffentlichkeit gemeinsam durchzuführen. Es geht am Ende darum, die Energiewende mit der Bevölkerung zusammen zu gestalten. Beteiligung und Maßnahmen, die die Mainzer:innen auch positiv spüren und wertschätzen: Darum wird es gehen, denn zum Ausbau der Windkraft verpflichtet uns das logische Denken im Umgang mit den existenziellen Herausforderungen der Klimakrise.

Fotos von Michael Lengersdorff, Pressesprecher von MainzZero

Ankündigung der Veranstaltung


Diskussionsveranstaltung am 11.08.2024 um 16 Uhr in Hechtsheim


Die Klimakrise wird immer deutlicher spürbar. Der Umsetzung von Klimaschutz-Maßnahmen fehlt allerdings immer noch das notwendige Tempo. Aktuell produziert Mainz gerade einmal etwa 5 % seines Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien auf dem Stadtgebiet. Laut dem Masterplan 100 % Klimaschutz sollen es bis 2030 über 50 % sein.

Einer der zwei zentralen Pfeiler für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist die Windkraft. Ein modernes Windrad kann erneuerbaren Strom für über 10.000 Mainzer:innen produzieren. 15 moderne Windräder könnten also den aktuellen Strombedarf von >2/3 der Mainzer Bevölkerung decken. Und das nicht nur im Sommer, sondern gerade auch im Winter, wo wir auch fürs Heizen zunehmend Strom benötigen werden.
Dazu kommt, dass jedes moderne Windrad ca. 30.000 € pro Jahr an Einnahmen für Mainz bringt, und das zusätzlich zu den Geldern für Ausgleichsmaßnahmen für den Artenschutz und weiteren potenziellen Beteiligungsmöglichkeiten für die Mainzer*innen.

Bei der Diskussionsveranstaltung am 11.08. wollen wir die Chancen der Windkraft für Mainz anschauen und darüber ins Gespräch kommen, wie viele Windräder für Mainz möglich und nötig wären.
Als Gastredner haben wir Bertram Fleck eingeladen, der im Rhein-Hunsrück-Kreis den Umstieg auf Windenergie vor über 20 Jahren mit-initiiert und begleitet hat und daher davon berichten wird, wie eine solche Transformation stattfinden kann.

Ort: Ringstraße 41B, 55129 Mainz-Hechtsheim
Datum: 11.08.2024 ab 16 Uhr
Die Teilnahme ist kostenfrei und eine Anmeldung nicht erforderlich. Wir freuen uns auf dich!

Karte mit Marker auf der IGS Hechtsheim Ringstraße 41B, (49.96085396803819, 8.275538413188032)
Karte mit Marker auf der IGS Hechtsheim Ringstraße 41B, (49.96085396803819, 8.275538413188032)