Am 31. August ging „S4F Mz/Wi meets“ in die nächste Runde. Mit dabei war SPD‑Bundestagsabgeordneter Daniel Baldy. Ziel des Treffens war der informelle Austausch und das gegenseitige Kennenlernen der Klimaschutzpositionen.
Schnell war klar, welches die Hindernisse und Herausforderungen sind, die es für die aktuelle Regierung bei der seriösen Beschreitung eines 1,5 Grad-Pfades zu überwinden gilt. Es bedarf eines gemeinsamen Ziehens am gleichen Strang aller Parteien, und damit sowie einer Übereinstimmung über die wichtigsten Stellschrauben beim Klimaschutz – trotz schwieriger globaler Gesamtlage. Solche Stellschrauben sind beispielsweise die für die dringend notwendige Verkehrswende benötigten konsequenten Investitionen in die Schiene bei gleichzeitiger Reduzierung des emissionsreichen Individualverkehrs oder der Ausbau erneuerbarer Energien. Übereinkünfte wie das Osterpaket sind ein guter Anfang, in seinem Maßnahmenkatalog allerdings längst nicht ausreichend. Eine Betrachtung der Entwicklung des CO2-Budgets zeigt, dass selbst die Einhaltung des Klimaschutzgesetzes nicht ausreichend Einsparungen erzielen würde.
Wie dringend notwendig, und zeitkritisch, politische Einigkeit mit Blick auf die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen ist, legten Dr. Doris Vollmer und Roland Bednarz dar.
Die Keelingkurve zeigt den mittleren globalen Konzentrationsverlauf an CO2 in der Erdatmosphäre und macht deutlich, dass dieser seit Beginn der Industrialisierung drastisch gestiegen ist. Eine erhöhte Kohlenstoffdioxidkonzentration bewirkt, dass mehr Wärmestrahlung in der Erdatmosphäre erzeugt wird und auf die Erde trifft, wodurch sich die Durchschnittstemperatur erhöht. Steigt die Durchschnittstemperatur kontinuierlich, ändert sich unsere Umwelt drastisch und belastet unsere sozioökonomischen Systeme. Diese Entwicklung wird zusätzlich verstärkt, wenn beispielsweise große Gletscher in den Alpen abschmelzen (sog. Albedo-Effekt).
Daher war es uns auch im Kontext des S4F meets mit Daniel Baldy wichtig, zu betonen, dass Klimaschutzmaßnahmen, die zu einer Verringerung des CO2-Ausstoßes beitragen, nicht nur als teure Investition zu betrachten sind, sondern als Chance. Wenn wir diese Chance nutzen, können wir verhindern, dass wir später einen höheren Preis zahlen müssen, um für die Klimafolgeschäden aufzukommen.
Konkrete angesprochene Maßnahmen mit großer Lenkungswirkung sind z. B. die Berücksichtigung des CO2-Budgets bei Finanzierungen. Ebenfalls wichtig sind klimaschutzorientierte Vorschriften im Bausektor, der einen großen Anteil an den nationalen CO2-Emissionen hat.
Ein beispielhaftes Projekt, bei dem die politischen Gremien zeigen können, wie wichtig ihnen Klimaschutz ist, ist SolAHRtal. Nach der Flutkatastrophe liegt vieles an Energieinfrastruktur danieder; es bietet sich hier also die Gelegenheit, den Aufbau in nachhaltiger Art und Weise durchzuführen, mit wesentlich weniger Kampf gegen bestehende Systeme als unter normalen Bedingungen. Daher schlug die SolAHRtal-Initiative vor, den Wiederaufbau des Ahrtals nach der Flutkatastrophe 2021 nachhaltig in Kombination mit der Nutzung regenerativer Energien anzugehen. Obwohl der Kreis- und Umweltausschuss vom Kreis Ahrweiler für die Einrichtung so einer Projektgruppe stimmte, kann das Projekt mit den aktuellen Finanzierungsregelung nicht umgesetzt werden. Nicht Mal der klimafreundliche Neubau der Gebäude, mit Photovoltaik und Wärmepumpen statt der ursprünglichen fossilen Heizungen, ist förderfähig. Daniel Baldy hat uns versprochen, hierzu in der Bundesregierung nachzufragen.
Die Umsetzung konsequenten Klimaschutzes ist allerdings nicht nur eine Frage des politischen Willens, sondern auch eine Frage der Durchsetzung in den entsprechenden verwaltungstechnisch verantwortlichen Institutionen. Häufig scheitern Maßnahmen am Verwaltungsapparat oder am Unwissen von Kommunen über das Potential von Klimaschutzmaßnahmen. Auch wir haben schon die Erfahrung gemacht, dass Klimaschutzmaßnahmen aufgrund von bürokratischen Strukturen nicht durchgesetzt werden können. Im konkreten Beispiel: da die Gebäude der JGU lediglich von Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) gepachtet werden, können Photovoltaikanlagen nicht in Eigenverantwortung von der Universität installiert werden.
Das Gespräch hat einmal mehr gezeigt: Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die großen Weichen werden von Politiker:innen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene gestellt, d. h. dass sich Politiker:innen für klimapolitische Themen einsetzen müssen. Sie haben die Möglichkeit, Maßnahmen einzuleiten und zu gestalten, die ihre und unsere Zukunft retten. Wir hoffen, dass Daniel Baldy dies aus dem Gespräch wieder mit zurück nach Berlin nimmt. Wir von Scientist4Future Mainz/Wiesbaden unterstützen Politiker:innen sehr gerne, indem wir z. B. Informationen zu klimarelevanten Themen aufarbeiten, zusammenfassen und bei Bedarf zur Verfügung zu stellen.
Text: Franka & Meike Philippi, Isabell Zipperle