Aus den Steckdosen von rund 10.000 weiterer Mainzer:innen kommt bald Strom aus Mainz – regenerativ! Für die Scientists for Future Kampagne #KliMAINZukunft führte GAIA über ihre Baustelle.
24.12.2024 ⭐ – Mainz-Hechtsheim – GAIAs neue Windenergieanlage wird dieses Weihnachten voraussichtlich so viel Strom produzieren wie keine Anlage bisher in Mainz. „Das Genehmigungsverfahren lief in Rekordzeit“, sagt Bauleiter Thomas Diehl. Doch es war auch etwas Glück im Spiel, wie Projektleiterin Anna-Theresa Arnold erläutert: „Der Bereich, in dem die Windenergieanlage steht, war unter ehemals französischer Kontrolle. Doch außer ein paar Feuerstellen und zwei Musketenkugeln wurde nichts gefunden. In Bezug auf den Bau gab es keine archäologischen Bedenken.“
Eine Herausforderung ist an dieser Stelle, dass aktuell viele Netze von Verteilnetzbetreibern ausgebucht seien, so auch die nahegelegene Station im Hechtsheimer Gewerbegebiet. Zu einer 110 kV-Anlage müssten dann neue Umspannanlagen gebaut werden, doch dafür werden Transformatoren benötigt. Diese sind häufig schwer zu bekommen; „während der Corona-Pandemie war der Markt leer“, sagt Arnold. Zwei Jahre Vorlauf für die Lieferung dieser Trafos sind keine Seltenheit. Falls, wie 2021, dann sogar eine Ladung im Suez-Kanal steckenbleibt, verzögert sich wegen eines Bauteils die Inbetriebnahme etlicher Windenergieanlagen schnell um mehrere Monate.
Nun verbinden sechs Kilometer Kabel die Anlage mit dem Umspannwerk Ober-Olm, das zur Einspeisung noch Kapazitäten frei hatte. Der Trassenverlauf der Kabel nutzt jeweils den bestmöglichen Weg – selbst, wenn sich dieses Umspannwerk in einer anderen Stadt befindet. „Der Strom wird dann offiziell natürlich trotzdem in Mainz produziert“, berichtet die Projektleiterin.
Nahe dem Hechtsheimer Gewerbegebiet lief jedoch bislang alles rund. Aus den 24,5 Metern Fundament-Durchmesser ragt bereits der Grundstock in Form der ersten Turmsegmente aus Beton in windige Höhen empor. Genutzt wurde dabei ein Steck-Konzept, sodass der Turm in einigen Jahrzehnten wieder abgebaut werden kann. Oft ist ein Wiedereinsatz in anderen Ländern möglich.
Doch dieser „Tunnel in die Höhe“, wie ihn einer der Gewinner der #KliMAINZukunft-Kampagne Fabian Ehmann (MdL) treffend bezeichnete, ist schließlich nur Mittel zum Zweck. Aktuell läuft der Kranwechsel, auf dass schon in einigen Wochen die Windenergieanlage V162 (die Zahl steht für den Rotordurchmesser in Metern) samt Maschinenhaus und Rotoren Mainzer Höhenluft schnuppert. „250 Meter sind es, wenn das Rotorblatt ganz oben steht“, verrät der Bauleiter. Mit dieser 6,2-MW-Anlage können dann 3000 bis 3500 durchschnittliche 3-Personen-Haushalte versorgt werden – und das besonders im Winter, da dann mehr Wind weht als im Sommer.
So faszinierend dieser Schritt sein mag, so weit ist Mainz noch davon entfernt, seine Klimaschutzziele zu erfüllen. Laut „Masterplan 100 % Klimaschutz“ ist das Ziel bis 2030: „Deckung des Stromverbrauchs durch Erneuerbare > 50 %“. Doch es bleibt Hoffnung: Eine einzige Windenergieanlage kann 10.000 Menschen mit regenerativem, dezentral erzeugtem Strom versorgen, und Mainz hat das Privileg, noch eine Potenzialfläche zwischen Hechtsheim und Ebersheim zu haben, in der etwa 10 weitere Windenergieanlagen Platz finden könnten. Durch ihren Beitrag zum Klimaschutz unterstützen Windenergieanlagen auch den Natur- und Artenschutz, da sie der Erderhitzung entgegenwirken. Das zeigt z. B. eine Studie in der Fachzeitschrift PNAS (Román-Palacios und Wiens, 2020), nach der das Artensterben durch die Erderhitzung erheblich verschärft wird. Und wir in Mainz können beitragen, dies zu verhindern. Dieser große Schritt für den Klimaschutz wäre, genau genommen, viel mehr als ein Geschenk unterm Weihnachtsbaum.