Leserbrief: Atomstrom: teuer und unkalkulierbar

Zum Abschalten der letzten Atomkraftwerke

Atomstrom: teuer und unkalkulierbar

Historischer Atomausstieg vollzogen. Begleitet von heftigen Diskussionen wurden die letzten 3 Atomkraftwerke abgeschaltet. In der Diskussion geht allerdings unter, dass Atomstrom sehr teuer und keine zuverlässige Energieversorgung bildet. In Frankreich ist 1991 das letzte der 56 Atomkraftwerke ans Netz gegangen. Seit 2007 baut Frankreich am Reaktor in Flamanville. Nach 17 Jahren Bauzeit soll das Atomkraftwerk voraussichtlich 2024 ans Netz gehen (laut der französischen Elektrizitätsgesellschaft). Die Baukosten (13.2 Milliarden Euro) haben sich inzwischen vervierfacht. So auch der Strompreis. Aktuell sind 12 Cent/kWh veranschlagt, ca. doppelt so viel wie für Solar- oder Windenergie. Eine vergleichbare Explosion der Baukosten, des Strompreises und der Bauzeit gilt für Hikley C, dem einzigen im Bau befindlichen Atomkraftwerk in Großbritannien. Hikley C wurde 2013 genehmigt und soll voraussichtlich 2028 ans Netz gehen. Aus Kostengründen sollte der Bau wiederholt gestoppt werden. Weit über hundert Milliarden Euro wird uns noch der Rückbau der 36 deutschen Atomkraftwerke kosten. Dazu kommt das Problem des Klimawandels. Im letzten Jahr mussten wochenlang 50 % der französischen Atomkraftwerke vom Netz genommen werden. Grund: Wassermangel und Korrosionsschäden. Atomkraftwerke benötigen viel Kühlwasser. Auch der Rhein führt im Sommer immer weniger Wasser. Mit der rasant fortschreitenden Gletscherschmelze wird sich dies Problem verschärfen. Dies gilt auch für andere Flüsse. Immer öfter konkurrierten deshalb Atomkraftwerke mit der Industrie um das rare Kühlwasser. Industrie oder Atomstrom? Lasst uns deshalb lieber so schnell wie möglich Solar- und Windenergie ausbauen: aus Kostengründen und für eine unabhängige und sichere Energieversorgung.

Dr. Doris Vollmer, Scientists for Future Mainz/Wiesbaden

Veröffentlicht am 22.04.2023 in der Allgemeinen Zeitung, Mainz Rheinhessen